Wasserkraft als erneuerbare Energiequelle der Zukunft?

Mehr Vor- als Nachteile für die Wasserkraft als Energiequelle. Wasserkraft ist zwar in jedem Land nutzbar, aber bestimmte Lagen eingnen sich noch besser.

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Wasserkraft als Energiequelle
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Die Energiewende ist das vielleicht drängendste Problem unserer Zeit. Viele bisherige Formen der Energiegewinnung sind entweder endlich oder haben erhebliche Nachteile für die Umwelt – oft sogar beides. Dabei könnte eine der ältesten Formen der Energiegewinnung, die die Menschheit kennt, die Lösung für das Problem sein: Wasserkraft. Wie schlägt sich die Energiequelle aus Wasserkraft im Vergleich zu anderen Formen der Energiegewinnung, insbesondere anderen erneuerbaren Energien?

Das komplexe Energieproblem der Menschheit

Die Menschheit hat sich gerade in den Industrieländern an einen Lebensstandard gewöhnt, zu dem fließendes Wasser, Strom und Heizung zwingend gehören. Wie zerbrechlich dieser Luxus ist, hat spätestens der Krieg Russlands gegen die Ukraine uns allen vor Augen geführt. Die verschlafene Energiewende hat uns abhängig gemacht von fossilen Brennstoffen, die oftmals aus Ländern kommen, mit denen man nur ungern Geschäfte macht. Ferner sind Erdöl, Erdgas und Braunkohle, deren Gewinnung die Rodung von Wäldern und die Verpflanzung ganzer Dörfer fordert, endlich. Irgendwann sind die Rohstoffe aufgebraucht – vom massiven Schaden am Weltklima, den diese Formen der Energiegewinnung anrichten, einmal ganz zu schweigen.

Viele Menschen fordern nun eine Rückkehr zur Atomkraft. Diese ist aber, wie Tschernobyl und Fukushima gezeigt haben, nicht nur äußerst riskant. Sie produziert auch radioaktiven Abfall, der noch in einer Million Jahre gefährliche Strahlung abgeben wird. Wir wissen schon jetzt nicht, wo wir den bereits entstandenen Atommüll lagern und wie wir ihn für die Nachwelt mit unmissverständlichen Warnhinweisen kenntlich machen sollen. Immerhin sprechen wir von einem Zeitraum, der 100 Mal so lang ist, wie es menschliche Hochkulturen überhaupt gibt.

Aber auch manche erneuerbare Energie wie Wind- und Solarkraft ist nicht unproblematisch. Diese erzeugen nur Strom, wenn Wind weht bzw. sie Sonnenlicht einfangen können. Man spricht auch von variablen oder fluktuierenden erneuerbaren Energien. Die Speicherung großer Energiemengen gelingt bis heute nicht zufriedenstellend. Solarenergie ist ferner platzraubend und benötigt für die Panels Rohstoffe, zu denen auch Seltene Erden gehören. Einwurf: siehe dazu auch Nachteile der Sonnenenergie. Windkraft rentiert sich erst nach mehreren Jahren Laufzeit und stellt eine Gefahr für Vögel dar. Zudem lassen sich beide Formen der Energiegewinnung nur da effektiv nutzen, wo die Witterungsverhältnisse entsprechend sind.

Kinetische Energie in elektrische Energie umwandeln

Mit Ausnahme von Solarkraft arbeiten alle gängigen Methoden der Stromerzeugung nach demselben Prinzip: Kinetische Energie oder auch Bewegungsenergie wird mittels eines Generators in elektrische Energie umgewandelt. In Kern- oder Kohlekraftwerken wird Wasserdampf erzeugt, der dann eine Turbine antreibt. Bei Windenergie wird die Turbine in Form des Windrads direkt angetrieben. Wasserkraftwerke nutzen die potenzielle Energie oder auch Lageenergie, die Wasser aus höheren Lagen besitzt und beim Hinabströmen abgibt, um Turbinen anzutreiben. So entsteht wiederum kinetische Energie, die dann wieder in elektrische Energie umgewandelt wird.

Menschen haben sich die Lageenergie von fließendem Wasser schon zunutze gemacht, lange bevor es elektrischen Strom gab. Wassermühlen etwa funktionieren nach einem ganz ähnlichen Prinzip wie Wasserkraftwerke: Herabströmendes Wasser eines Flusses oder Baches treibt ein Wasserrad an. Die dadurch entstehende Bewegung wird mit Zahnrädern auf den Mühlstein übersetzt.

Um gespeicherte Wassermenge und Höhenunterschied und somit die potenzielle Energie zu steigern, werden Staumauern gebaut. Sie dienen zugleich als Wasserkraftwerk, da sie das Wasser zurückhalten, aber auch kontrolliert hindurchfließen lassen. Dabei werden dann die Turbinen angetrieben.

Vor- und Nachteile der Wasserkraft

Wasserkraft ist eine sehr emissionsarme Form der Energiegewinnung. Zwar entstehen in Stauseen CO2 und Methan, welches das 25-fache Treibhauspotenzial von CO2 hat, jedoch in weitaus geringerer Menge als bei der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen. Diese sind zudem nicht regenerativ. Auch wenn es bei Speicherkraftwerken mit dazu angelegten Stauseen einige Jahre, in Extremfällen auch Jahrzehnte dauern kann, bis sich die Klimaschutzbilanz rechnet, sind Wasserkraftwerke immer noch klimafreundlicher als etwa Windkraftanlagen.

Denn diese sind oft wenige Jahre nach dem Ausgleich der Klimabilanz verschlissen. Wasserkraftwerke und ihre Stauanlagen werden über viele Jahrzehnte betrieben, und die meisten Anlagenteile können nach Ende der Betriebszeit recycelt werden. Ferner kann sich ein Stausee durch Verdunstung auch positiv aufs Klima auswirken. Dabei ist Wasserkraft mit einem Wirkungsgrad zwischen 85 und 95 Prozent zugleich die effektivste Form der Energiegewinnung.

Die Stauseen selbst haben auch Vor- und Nachteile. So können sie etwa als Speicher für Trinkwasser oder für Bewässerung in der Landwirtschaft genutzt werden. Einerseits können die Dämme als Hochwasserschutz für Unterlieger dienen, andererseits bergen sie jedoch das Risiko eines Dammbruchs. Dieser hätte massive Überschwemmungen zur Folge, die ganze Lebensräume zerstören können. Hinzu kommt, dass Fische an ihren natürlichen Wanderungen gehindert werden.

Wo Wasserkraft aktuell am meisten genutzt wird und in Zukunft effektiv genutzt werden könnte

Ähnlich wie Wind- und Sonnenenergie ist auch Wasserkraft stark von den natürlichen Gegebenheiten abhängig. Andererseits begründen sich Kern- und Kohlekraftwerke sowie Erdgas und -öl auf Bodenschätzen, die auch nur dort gefördert werden können, wo sie vorkommen. Wasserkraft kann da besonders effektiv genutzt werden, wo die topografischen bzw. geografischen Verhältnisse und die Niederschlagsmenge dies begünstigen. Das heißt konkret: Wo im Jahresmittel viel Wasser aus höheren Lagen in tiefere fließt, wird besonders viel Lageenergie abgegeben und kann durch kinetische Energie nutzbar gemacht werden.

Aktuell ist China mit jährlich 1.322 Terawattstunden internationaler Spitzenreiter bei der Stromerzeugung aus Wasserkraft. Allerdings hat das Land auch 1,4 Milliarden Einwohner, weshalb der relative Anteil von Wasserkraft an der gesamten Stromproduktion nur 16,99 Prozent beträgt. In Norwegen sind es hingegen über 90 Prozent der nationalen Stromproduktion. Auch Schweden und Island gehören zu den Vorreitern. Wenig überraschend nutzen in Mitteleuropa Österreich und die Schweiz verhältnismäßig viel Wasserkraft.

Ganz anders sieht es hingegen in Deutschland aus, doch das ändert sich. Die Bundesrepublik setzt dabei vermehrt auf moderne Kleinwasserkraftwerke, arbeitet also dezentral – gerade im Vergleich etwa zu China mit dem größten Wasserkraftwerk der Welt als Teil der Drei-Schluchten-Talsperre. Für Wasserkraftwerke bietet sich in Deutschland natürlich vor allem die Alpenregion an, aber nicht ausschließlich.

Wasserkraftwerke können auch zu einem echten Standortvorteil für Unternehmen werden, wenn sie in Gegenden bauen, wo besonders viel Wasserkraft ins Stromnetz eingespeist wird und Elektrizität dadurch günstiger ist. So hielt es etwa das schwedische Unternehmen Northvolt mit seiner 2021 eröffneten Fabrik, die Batterien für E-Autos herstellen soll. Der Norden Schwedens ist dafür in der Tat eine bessere Lage als etwa ein Trinkwassergebiet in Grünheide bei Berlin.

Fazit Vorteile der Wasserkraft als Stromerzeuger überwiegt die Nachteile

Wie alle Formen der Stromerzeugung ist auch Wasserkraft nicht frei von Nachteilen. Doch gerade im Vergleich zu fossilen Brennstoffen, Atomkraft und fluktuierenden erneuerbaren Energien überwiegen die Vorteile bei Weitem. Wasserkraft ist regenerativ und kann in fast jedem Land der Erde zur Stromerzeugung genutzt werden, wobei sich jedoch gebirgige Länder mit hohem Niederschlag besonders gut eignen.