Eigenstrom und seine Herausforderungen bei der Erzeugung

Autarkie durch Eigenstrom Erzeugung ist derzeit, abgesehen von Passivhäusern oder teuren Blockheizkraftwerken, in unseren Breiten leider noch ein Wunschdenken.

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Herausforderungen Eigenstrom
Bild von Kerstin Riemer auf Pixabay

Als Eigenstrom bezeichnet man elektrische Energie, die aus eigener Produktion stammt. Der Eigenstrom lässt sich entweder direkt verbrauchen, zwischenspeichern oder ins öffentliche Netz einspeisen. Der Begriff setzt übrigens nicht voraus, dass es sich um Strom aus erneuerbaren Energiequellen handelt, denn auch ein Dieselaggregat in der Garage erzeugt Eigenstrom.

Wie wird Eigenstrom produziert?

Wenn von Eigenstrom die Rede ist, wird meist von Solarstrom aus der Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach ausgegangen. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, Eigenstrom zu erzeugen. Wenn wir das mit Benzin oder Diesel betriebene Notstromaggregat außen vor lassen, konzentrieren sich die Arten der Eigenstrom-Erzeugung hauptsächlich auf erneuerbare Energiequellen. Neben der Photovoltaik kommen auch Windkraftanlagen, Blockheizkraftwerke (BHKW) (unter der Teilüberschrift:“Technische Gegebenheiten für Ökostromanlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung“ zu finden) und Brennstoffzellenheizungen in Betracht, die als Nebenprodukt Strom erzeugen. Allerdings sind nennenswerte Mengen an Eigenstrom mit kleinen Windkraftanlagen im Privathaushalt kaum wirtschaftlich zu erzeugen, zumal es hier noch mehr auf die örtlichen Gegebenheiten ankommt als bei der Nutzung von Solarenergie.

Blockheizkraftwerke sind im Prinzip Verbrennungsmotoren, die Eigenstrom erzeugen. Sie werden dennoch als erneuerbare Energiequelle gefördert, weil sie nicht nur reine Stromgeneratoren sind, sondern die bei der Eigenstrom-Erzeugung anfallende Wärme für das Heizungssystem zur Verfügung stellen. Ihr Wirkungsgrad kann somit ohne Weiteres 90 Prozent und mehr erreichen, was alle anderen häuslichen Energiequellen in den Schatten stellt. Für Einfamilienhäuser sind BHKW aufgrund der vergleichsweise hohen Anschaffungs- und Installationskosten aber weniger geeignet. Möchtest Du hingegen ein Mehrfamilienhaus mit Eigenstrom versorgen, könnte sich ein BHKW durchaus rechnen. Siehe dazu auch eine externe Übersicht.

Direkte Belieferung von Wasserstoff über existierende Gasleitungen im privaten Bereich derzeit nicht verfügbar

Die Brennstoffzellenheizung produziert ebenfalls Wärme und Strom. Dabei erfolgt die Eigenstrom-Erzeugung über einen chemischen Prozess, der einer umgekehrten Batterie ähnelt. Als Energiequelle dient Wasserstoff, der in einem geeigneten Tank gelagert werden muss. Auch die direkte Belieferung über existierende Gasleitungen ist technisch machbar, aber im privaten Bereich derzeit noch nicht verfügbar. Wenn Du Eigenstrom mit Brennstoffzellen erzeugst, bist Du emissionsfrei und sehr umweltfreundlich unterwegs. Dies gilt aber nur, wenn der verbrauchte Wasserstoff aus „grünen“ Quellen stammt, also nicht mithilfe von Kohlestrom oder anderen fossilen Energieträgern produziert wird. Neben den Herausforderungen bei der Versorgung und Lagerung von Wasserstoff sind die Kosten für Brennstoffzellensysteme im Eigenheim noch sehr hoch.

Wie lässt sich Eigenstrom am sinnvollsten nutzen?

Beim Thema Eigenstrom geht es hierzulande also fast immer um Solarstrom, da alle anderen Arten der Stromerzeugung im Privathaushalt eher einen Nischencharakter haben. Unabhängig von der Energiequelle stellt sich jedoch immer die Frage, wie Du den Eigenstrom am besten und wirtschaftlichsten nutzen kannst. In den vergangenen zwei Jahrzehnten war diese Frage relativ schnell beantwortet, da sich aufgrund der staatlichen Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Verkauf des Eigenstroms ins öffentliche Stromnetz finanziell sehr gelohnt hat. Da aber mittlerweile die Strompreise auf ein deutlich höheres Niveau gestiegen sind und gleichzeitig die Höhe der Einspeisevergütung immer weiter gesenkt wird, tritt der Eigenverbrauch des selbst erzeugten Stroms stärker in den Vordergrund.

Schließen von Versorgungslücken

Die Grundlage für die Idee des Eigenstroms ist das Konzept der dezentralen Energieversorgung. Statt an wenigen großen Standorten in überdimensionierten Kraftwerken Strom zu erzeugen und über lange Lieferwege zum Kunden zu transportieren, kann die Erzeugung von Eigenstrom viele Versorgungslücken schließen. Das entlastet die Stromnetze und dient letztlich auch der Versorgungssicherheit, da dezentrale Strukturen weniger anfällig für Störungen sind als große Erzeuger. Daher spielt der Eigenstrom auch bei der Planung energiepolitischer Strategien eine wachsende Rolle.

Beim Verbrauch von Eigenstrom stellen sich allerdings einige logistische Herausforderungen. Wenn Du erneuerbare Energiequellen wie Solarstrom oder Windenergie nutzt, hängst Du naturgemäß stark von den Witterungsbedingungen ab. Der meiste Strom wird dann produziert, wenn Du ihn nicht unbedingt benötigst. Denn an einem sonnigen Junitag brauchst Du im Haus in der Regel kein Licht oder bist ohnehin nicht zu Hause, weil Du auf Arbeit bist. Brauchst Du hingegen an einem kalten Winterabend Strom, um Dein Elektroauto aufzuladen, scheint die Sonne nicht – und kann aufgrund des niedrigen Sonnenstands zu dieser Jahreszeit auch tagsüber deutlich weniger Eigenstrom liefern als im Sommer.

Eigenstrom lässt sich auch für die Heizung nutzen

Eine weitere Alternative ist die Umwandlung von Eigenstrom in Heizwärme. Hier spielt vor allem die Kombination mit der Wärmepumpe eine große Rolle. Da jedoch auch die Heizenergie nicht immer dann benötigt wird, wenn Du gerade Eigenstrom produzierst, solltest Du einen Pufferspeicher nutzen. Dabei handelt es sich um eine Art überdimensionierte Thermoskanne im Keller, die Warmwasser und/oder Heizungswasser auf Vorrat erwärmt. Aufgrund von Wärmeverlusten ist die Speicherzeit jedoch begrenzt, während der Batteriespeicher Deinen Eigenstrom für die spätere Verwendung auch langfristig aufbewahrt.

Die Speicherung von Eigenstrom ist für die wirtschaftliche Nutzung also unverzichtbar, wenn Du die Energie nicht doch ins öffentliche Stromnetz einspeisen möchtest. Letzteres ist mit wesentlich weniger technischem und finanziellem Aufwand bei der Installation verbunden. Stromspeicher sind nämlich relativ teuer und benötigen zusätzlichen Raum für die Aufstellung. Ohne Batteriespeicher legst Du aber bei hohen Strompreisen letztlich drauf, weil der Preis für die Kilowattstunde Eigenstrom für Dich erheblich niedriger wäre als der öffentliche Netzstrom. Daran ändert auch die Einspeisevergütung nicht viel, da sie die Preissteigerungen kaum mehr abfedern kann.

Wie funktioniert die dezentrale Nutzung von Eigenstrom?

Angenommen, Du produzierst Eigenstrom mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Hausdach. Dann kann er direkt in das Stromnetz des Gebäudes eingespeist und sofort verbraucht werden. Beim Betrieb großer Haushaltsgeräte wie der Waschmaschine, dem Kühlschrank oder der Heizungsanlage senkt dies Deine Betriebskosten erheblich. Insbesondere die Nutzung von Eigenstrom für eine Wärmepumpe macht sich bei den Energiekosten Deines Hauses sehr positiv bemerkbar.

Da der Eigenstrom sich nicht exakt planen und nicht auf Abruf erzeugen lässt, kann es sowohl zu einem Überschuss an Energie als auch zu einer Unterversorgung kommen. Produzierst Du mehr Eigenstrom, als Du verbrauchen kannst, muss er entweder ins Stromnetz eingespeist oder in einem Batteriespeicher geparkt werden. Eine dritte Alternative ist die sogenannte Strom-Cloud. Einige Anbieter nehmen den von Dir eingespeisten Strom und schreiben ihn Dir auf einem virtuellen Stromkonto gut, von dem Du bei Bedarf Energie entnehmen kannst. Dadurch musst Du keinen eigenen Stromspeicher bauen, zahlst aber natürlich für die Dienstleistung.

Gesonderten Stromzähler bei der Nutzung der Wallbox

Elektromobilität wird ebenfalls ein immer wichtigeres Thema bei der persönlichen Energiewende. Sie lässt sich natürlich bestens mit der Erzeugung von Eigenstrom kombinieren. Dafür musst Du eine eigene Ladestation bzw. Wallbox installieren lassen, die Dein Elektroauto schnell aufladen kann. Die Wallbox ist wiederum sowohl an das öffentliche Stromnetz als auch an Deine Eigenstrom-Quelle angeschlossen. Daraus ergibt sich weiterer Installationsaufwand, weil die meisten Stromanbieter auf einen gesonderten Stromzähler bestehen. Moderne Elektroautos lassen sich inzwischen immer öfter auch als Batteriespeicher nutzen.

Du kannst bei diesen Fahrzeugen also einen Überschuss an Eigenstrom in den Batterien parken und dort bei Bedarf über die Wallbox wieder ins hauseigene Netz übertragen. Dies ist allerdings eher eine Ergänzung und Notbehelf, zumal eine solche Nutzung den Ladestand des Fahrzeugs natürlich reduziert.

Fazit nur bedingte Strom Autarkie

Viele Hausbesitzer träumen von Autarkie, wenn sie über die Nutzung von Eigenstrom nachdenken. Eine vollständige Unabhängigkeit ist jedoch in unseren Breiten kaum wirtschaftlich zu erreichen. Sieht man von extrem energieeffizienten Passivhäusern oder teuren Blockheizkraftwerken ab, ist ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz nach wie vor notwendig und sinnvoll.