Erneuerbare Energien nur gut gemeint oder gibt es Chancen?

Erneuerbare Energien bedürfen ein globales Umdenken und Handeln aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Ganzheitliche Lösungen sind somit gefragter denn je.

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Erneuerbare Energien Chancen
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Saubere Energie, intakte Natur, prima Klima – so einfach geht das. Oder? Erneuerbare Energien sind prinzipiell gut gemeint. Aber es gibt viele Fragen zu diesem Thema – wirtschaftliche, politische und ökologische Herausforderungen. Wo liegen die Probleme, und welche Lösungen gibt es?

Herausforderung Nummer 1 – Die 1,5-Grad-Grenze

Das Klima ändert sich. Die globale Durchschnittstemperatur steigt – in den letzten 100 Jahren um ein Grad Celsius, und seit Anfang des 21. Jahrhunderts geht die Kurve immer steiler nach oben. Der Ausstoß von Klimagasen spielt dabei eine maßgebliche Rolle. Wenn diese Emissionen nicht schnell gesenkt werden, sind Klimaänderungen wahrscheinlich, deren Folgen heute nicht abzuschätzen sind. Seit Ende des 20. Jahrhunderts steht das Thema auf der Tagesordnung vieler Diskussionen. Und die Prognosen haben sich ständig verschlechtert.

Deshalb wurde auf der Pariser Weltklimakonferenz 2015 beschlossen, den globalen Temperaturanstieg bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen – mindestens aber auf zwei Grad. Aber genau dies ist die Unsicherheit: Ist das Klimaziel überhaupt noch zu erreichen?

  • Es gibt Studien, nach denen selbst bei einem völligen Stopp aller CO2-Emissionen der Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 1,1 Grad Celsius bis 2100 unausweichlich ist.
  • Andere Untersuchungen stehen sogar der Erreichbarkeit des Zwei-Grad-Ziels skeptisch gegenüber. Die Wahrscheinlichkeit wird zum Teil bei nur einem Prozent gesehen.

Es ist deshalb wichtig, bereits heute die Emissionen von Klimagasen zu reduzieren. Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) erstellte 2018 eine Prognose, nach der das 1,5-Grad-Ziel mit ehrgeizigen Maßnahmen durchaus machbar sei. Dies ist allerdings an zwei Bedingungen geknüpft:

  • Die bisher ständig wachsenden Emissionen müssen bereits vor dem Jahr 2030 deutlich sinken.
  • Bis zum Jahr 2050 muss die Erde den CO2-Ausstoß auf Netto-Null senken. Das heißt, dass zum Beispiel auch CO2-Senken wie die Aufforstung von Wäldern berücksichtigt werden.

Die 1,5-Grad-Grenze, auf die sich fast alle Staaten der Erde geeinigt haben, ist also eine massive ökologische Herausforderung. Es bleibt nur noch wenig Zeit, um eine Trendwende zu verwirklichen.

Erneuerbare Energie – Herausforderung die 2te – Kosten

Klar ist: Die Energiewende gibt es nicht umsonst. Windenergie, Solarenergie, Wasserkraft und Strom aus Biomasse erfordern am Anfang hohe Investitionen. Erst nach einer gewissen Laufzeit rentieren sich die Erneuerbaren. In Deutschland wurde das Kostenrisiko mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz am Anfang des 21. Jahrhunderts deutlich gesenkt. Es garantiert den Betreibern von Ökostrom-Anlagen sichere Einnahmen. Seitdem ist der Anteil von Wind- und Sonnenstrom im Netz deutlich angestiegen. Damit die Energiewende gelingt, sind aber weitere Investitionen nötig.

Überall besteht immenser Kapitalbedarf. Er bezieht sich auch auf konventionelle Kraftwerke in der Übergangszeit. Die Grundlast des Stromnetzes muss zum Beispiel garantiert sein, um auch dann Strom verfügbar zu machen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint.

  • Die Forschung und Entwicklung von Speichersystemen für ökologisch erzeugte Energie muss staatlich gefördert werden.
  • Solange Kohlekraftwerke noch für die Erzeugung der Grundlast benötigt werden, muss mehr Geld in Filter und ähnliche Systeme investiert werden, die den Ausstoß von CO2 senken.
  • Die Erdgas-Krise des Jahres 2022 hat die Preise für einen Energieträger in die Höhe schießen lassen, der bisher als preiswerte und umweltschonende Übergangslösung bis zu einer Null-Emissionen-Energieerzeugung galt.

Update 03.07.2023Ehemalige Kohlekraftwerke bergen Ressourcen, die bei der Energiewende hilfreich sein könnten.

Ein weiterer Kostenfaktor ist die Energieeinsparung bei Gebäuden. Immerhin sind 40 Prozent des gesamten Energiebedarfs diesem Sektor zuzuschreiben. Typische Probleme sind die hohen Kosten für Wärmedämmung, die Frage der Aufteilung der Kosten zwischen Mietern und Vermietern, aber auch neue Finanzierungskonzepte. Günstige und attraktive Kredite könnten maßgeblich dazu beitragen, den Energiebedarf von Gebäuden deutlich zu senken.

Erneuerbare Energien benötigen eine klare Infrastruktur – Herausforderung Nummer 3

Auch die Infrastruktur der Energieversorgung ist ein schwieriges Problem im Zusammenhang mit der Energiewende. Ein Beispiel dafür ist der notwendige Ausbau des Hochspannungsnetzes, um Windstrom aus dem Norden in den Süden der Republik zu transportieren. Alternativen zum Netzausbau sind die Förderung von Windenergie- und Solaranlagen in den Regionen, die bisher ihren Ökostrom zum größten Teil exportieren mussten. Und auch die Forschung, Entwicklung und der Ausbau von Speicherkapazitäten spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle.

Einwurf: Welche Arten von erneuerbaren Energien gibt es und wie werden diese gewonnen?

Ein weiterer Faktor, der bei der Klima-Diskussion oft übersehen wird, sind Belastungen, die sich nicht direkt auf das Klima auswirken, aber die Umwelt auf andere Weise schädigen. So müssen für die Herstellung von Solaranlagen zum Teil giftige Materialien eingesetzt werden, die nicht ohne großen Aufwand ersetzt oder recycelt werden können.

Es zeichnet sich ab, dass die Energiewende nicht ohne finanzielle Vorleistungen gelingen wird. Der Weg zum Null-Emissions-Ziel fordert die Bereitschaft aller Menschen, in Investitionen für die Zukunft einzuzahlen.

Anderer Blickwinkel: Infrastruktur mal kritisch gedacht.

Herausforderung Nummer 4 – Die Politik

Politischer Streit ist bei der Energiewende vorprogrammiert. Das ist kein Wunder bei einem so herausfordernden Thema, das die Zukunft des gesamten Planeten betrifft. Klar ist: Es gibt keinen Königsweg zum 1,5-Grad-Ziel. In vielen Punkten müssen zum Teil schmerzhafte Kompromisse geschlossen werden. Dies sind einige Beispiele:

  • Ist die Kernenergie Teil des Problems oder der Lösung? 2022 stufte die EU-Kommission Atomkraft als klimafreundlich ein. Aber gerade in Deutschland ist die Nutzung von Uran als Stromlieferant hochumstritten.
  • Wie sieht es aus mit dem Zielkonflikt Klima vs. Naturschutz? Windenergie- und Solarenergieanlagen benötigen viel Platz und machen zum Teil erhebliche Eingriffe in die Natur erforderlich.
  • Die Realisierung des Klimaziels ist nur durch Zusammenarbeit möglich. Die politische Willensbildung spielt sich auf verschiedenen Ebenen ab. EU, Bund, Länder und Kommunen müssen einheitlich handeln, um von Anfang an Konflikte zu vermeiden, die dem Ausbau der Erneuerbaren im Wege stehen.
  • Soziale Gerechtigkeit: Finanzielle Schieflagen mit Nachteilen für diejenigen, die nur mit vielen Einschränkungen über die Runden kommen, sind zu vermeiden. Im Einzelnen ist dies aber nur schwer zu realisieren.

Der Auftrag Erneuerbare Energien ist Aufgabe aller Menschen

Energiesparen ist ein wesentlicher Bestandteil des Klimaschutzes – und eine Aufgabe für alle. Es kommt darauf an, die essenzielle Bedeutung des Energiesparens zu kommunizieren. Am Ende muss es für alle Bürgerinnen und Bürger selbstverständlich sein, mit der Energie als knappes, kostbares, aber eben auch klimaschädliches Produkt umzugehen. Jede Energiequelle verbraucht Ressourcen – das gilt auch für Wind, Solar und andere Erneuerbare. Es gibt aber viele Ansatzpunkte, um den verantwortungsvollen Umgang mit Energie zu fördern und bereit zu sein, eventuelle kurzfristige Nachteile für ein größeres Ziel zu akzeptieren:

  • Aufklärungskampagnen in den Medien, zum Beispiel mit konkreten Tipps für das Energiesparen im Haushalt.
  • Sensibilisierung der Menschen für das Thema Energiewende und Förderung nachhaltiger Lebensstile.
  • Frühzeitige Einbindung aller Betroffenen in die Planung (zum Beispiel bei der Windenergie), um langwierige und kostenintensive Rechtsstreitigkeiten schon im Vorfeld zu verhindern.

Fazit um Energiewende zu leben, bedarf es ein globales Umdenken und ganzheitliche Lösungen

Die Herausforderungen der Energiewende sind ökologischer, wirtschaftlicher und politischer Natur. Vieles muss sich ändern, damit eine Zukunft für uns alle garantiert ist. Für die Transformation zu einem globalen System, das auf nachhaltigen Energien basiert, sind ganzheitliche Lösungen gefragt.