Wasserstoff – das Benzin der klimaneutralen Mobilität?

Hoffnung auf das neue Benzin der klimaneutralen Mobilität? Wasserstoff als Lösung oder gibt es noch weitere Herausforderungen an die gedacht werden müssen?

5 min Lesezeit
Wasserstoff zur klimaneutralen Mobilität
Adobe Stock Von jroballo

Wasserstoff ist seit einigen Jahren in aller Munde und weckt die Hoffnung, unsere Mobilität schon bald klimaneutral zu gestalten. Denn Wasserstoff ist quasi überall auf der Erde zu finden, und bei der Verbrennung entstehen keinerlei Giftstoffe. So könnte man bald ohne schlechtes Gewissen und Klimabelastung Auto fahren, doch ist das nicht zu kurz gedacht? Wir werfen einen unvoreingenommenen Blick auf das Thema Wasserstoff und Mobilität!

Aktueller Stand von Wasserstoff im Bereich Verkehr

Update: Kontroverse Betrachtung von Wasserstoff – die Herstellung.

Wasserstoff hat im Vergleich zur elektrischen Mobilität in den vergangenen Jahren sehr viel weniger Aufmerksamkeit erfahren und die Entwicklung befindet sich daher noch immer in den Kinderschuhen.

Grundsätzlich kann Wasserstoff entweder direkt im Motor verbrannt und als Treibstoff genutzt werden, oder er wird mit Hilfe einer Brennstoffzelle rückverstromt und dient so als Energiequelle für den Antrieb.

Im Jahr 2021 gab es weltweit nur etwa 25.000 Automobile, die mit Wasserstoff als Treibstoff unterwegs waren. Der allergrößte Teil, mit über 90%, befand sich in nur vier Ländern, nämlich China, Korea, Japan und den USA. Zum damaligen Zeitpunkt gab es auch nur zwei Auto-Modelle mit Wasserstoff-Antrieb, die serienmäßig produziert wurden.

Auch das Nachtanken gestaltet sich schwierig, denn das ist nicht einfach zu Hause möglich, wie beim Elektroauto, denn der Tankvorgang muss an einer Wasserstoff-Tankstelle erfolgen. Davon gibt es allerdings europaweit erst einige hundert. Eine funktionierende Infrastruktur für die flächendeckende Versorgung des Verkehrs müsste also erst aufgebaut werden.

Aktuell gibt es in Deutschland, von ca. 15.000 gesamt, nur rund einhundert Tankstellen, an denen man auch Wasserstoff für sein Auto kaufen kann. Angesichts dessen ist eine weitverbreitete Nutzung von Wasserstoff im privaten Verkehr im Moment nicht wirklich realisierbar.

Wasserstoff in Brennstoffzellen

Eine Brennstoffzelle kann entweder mit Wasserstoffgas oder auch Methangas betrieben werden. Bei der Reaktion trifft der Brennstoff aber nicht unmittelbar auf den Reaktionspartner, in dem Fall Sauerstoff, sondern wird durch Elektrolyten voneinander getrennt.

Verweis extern: Wie funktioniert ein Wasserstoffauto?

Der Elektrolyt ist nur für bestimmte Ionen durchlässig, so kann eine kontrollierte Reaktion ablaufen. Der Vorgang kommt in Gang, wenn durch eine externe Verbindung Elektronen ausgetauscht werden. Dieser Elektronenstrom ist die Antriebsbasis des Autos.

Der Vorgang in der Brennzelle ist praktisch die umgekehrte Elektrolyse. Aus dem Wasserstoff entsteht unter Zugabe von Sauerstoff reines Wasser. Bei dieser Reaktion wird zusätzlich Energie freigesetzt, die für den Antrieb des Autos genutzt werden kann. Als Restprodukt dieser Reaktion entsteht ausschließlich Wasser, welches einfach und unbedenklich in die Umwelt entlassen werden kann.

Je nach verwendeter Brennstoffzelle kann dabei ein Wirkungsgrad von 30% bis 55% erreicht werden. Das ist ein relativ hoher Wirkungsgrad, denn ein moderner Verbrennungsmotor erreicht bei moderater Fahrweise gerade mal 20% Wirkungsgrad.

Praktisch werden aktuell kaum reine Wasserstoffautos gebaut, meist handelt es sich um Elektrofahrzeuge, die zusätzlich mit einer Wasserstoff-Brennzelle ausgestattet sind. Denn so lassen sich die Vorteile beider Energiequellen kombinieren. Zum Beispiel können Autos mit Wasserstoffantrieb wesentlich schneller aufgetankt werden, als man aktuell ein Elektrofahrzeug aufladen kann.

Modellprojekte in Deutschland mit Wasserstoff

In Niedersachsen werden nun erstmals Züge im regelmäßigen Personenverkehr eingesetzt, die nur mit Wasserstoff betrieben werden. Nachdem das Projekt bereits im Jahr 2018 gestartet ist, sind die Züge jetzt zwischen Cuxhaven und Buxtehude im Regelbetrieb unterwegs. Die Züge haben eine Reichweite von gut 1000 Kilometern und können so ohne Auftanken den ganzen Tag gefahren werden. Der CO₂-neutrale Bahnverkehr ist also in Teilen schon Realität.

Auch der Automobilhersteller BMW hat inzwischen seine erste serienmäßige Produktion eines mit Wasserstoff betriebenen Autos gestartet. Die Produktion des iX5 Hydrogen soll im Jahr 2023 zunächst in Kleinserie beginnen. Rund hundert Stück sind als Vorführmodell geplant. Doch auch dieses Modell wird zusätzlich mit einem Elektromotor ausgestattet sein.

Wenn die Produktion des Wasserstoffs in nachhaltigem Umfang erfolgt, ist die CO₂-Bilanz eines solchen Autos sogar noch weit besser als bei einem vergleichbaren Elektroauto. Auch das Gewicht ist geringer als bei einem E-Auto, denn es sind keine massiven Batterien nötig.

Der Nachteil von Wasserstoff bei der Herstellung großer Mengen

Im Moment wird der Großteil des verfügbaren Wasserstoffs als grauer Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen gewonnen. Das ist allerdings schädlich für die Umwelt, denn bei der Produktion werden große Mengen an Treibhausgasen freigesetzt.

Die Herstellung von grünem umweltfreundlichem Wasserstoff benötigt aber aktuell sehr große Mengen an Strom und ist daher oft nicht rentabel. Zudem müssen die Strommengen auch überhaupt verfügbar sein. Aktuell gibt es zwar Phasen, in denen so viel Strom in Deutschland erzeugt wird, dass man ihn günstig ins Ausland verkaufen muss, um das Netz nicht zu überlasten, diese sind allerdings nicht sehr groß.

Somit kann man die Investitionskosten für große Elektrolyse-Anlage, die für die Herstellung von Wasserstoff nötig wären, nicht kompensieren. Außerdem konkurriert die Technik der Wasserstoffherstellung mit anderen Methoden zur Stromspeicherung wie Pumpkraftwerken.

Damit Wasserstoff die Klimabelastung durch den Verkehr nennenswert reduzieren könnte, sind deutlich höhere Strommengen erforderlich als aktuell in Deutschland produziert werden können. Auch ein weiterer Ausbau aller Windkraft- und Solarkapazitäten in Deutschland wäre dafür nicht ausreichend.

Verweis extern zum Nachlesen: Künstlicher Kraftstoff – das Problem mit Wasserstoff.

Das Problem mit der Lagerung von Wasserstoff

Ein zusätzliches Problem im Zusammenhang mit Wasserstoff ergibt sich aus seinem natürlichen Aggregatzustand, denn dieser ist gasförmig. Und Gase benötigen ein sehr großes Volumen im Vergleich zu Flüssigkeiten, die wesentlich mehr Energie auf weniger Raum konzentrieren können.

Kurzes Beispiel:

Um die Energiedichte von einem Liter Benzin zu kompensieren bräuchte man ein Volumen von ca. 12 Kubikmetern Wasserstoff.

Jetzt könnte man den Aggregatzustand (die Zustandsform) von Wasserstoff durch starke Abkühlung auch vom gasförmigen Zustand in einen flüssigen ändern, das benötigt aber ebenfalls viel Energie und scheint daher nicht wirklich praktikabel. Gerade in kleinen Kraftfahrzeugen kann man solche Konstruktionen nur schlecht unterbringen.

Durch entsprechende Kompression des Gases oder eine Verflüssigung lässt sich das Volumen allerdings stark reduzieren. So entspricht ein Liter flüssiger Wasserstoff ca. dem Brennwert von 0,27 Litern Benzin.

Die Kosten und die Effizienz

Ein weiteres Problem sind die aktuell hohen Produktionskosten, die durch den hohen Energieaufwand bei der Elektrolyse zu erklären sind. Auch arbeiten die meisten Elektrolyseure nicht besonders effizient und erreichen nur einen Wirkungsgrad von ca. 70%, von der eingesetzten Energie gehen also ca. 30% verloren.

Betrachtet man den gewonnenen Wasserstoff als Basis für synthetische Kraftstoffe und wandelt ihn mit Hilfe des Fischer-Tropsch-Verfahrens* in Treibstoff wie Diesel oder Kerosin um, gehen noch mal ca. 20% der eingesetzten Energie verloren. Das schmälert die Effizienz von Wasserstoff als Treibstoff erheblich.

Tipp extern: Hier gibt es ein informatives Video von der Physikerin Sabine Hossenfelder.

Fazit – Wasserstoff für eine klimaneutrale Mobilität?

Wasserstoff wird seinem großartigen Ruf als Hoffnungsträger für emissionsfreie Mobilität nicht so ganz gerecht. Denn realistisch betrachtet ist ein flächendeckender Einsatz von Wasserstoff im Verkehr mit erheblichen Aufwendungen verbunden, die sich in Anbetracht von besseren Alternativen wie Elektromobilität und synthetischen Kraftstoffen oft nicht rentieren würden.

Auch die Anstrengungen der Politik bewegen sich aktuell eher in Richtung Elektromobilität. Dennoch muss man sagen, dass Wasserstoff für gezielte Anwendungsbereiche im Schwerlastbereich wie dem Schiffs- oder Zugverkehr oder auch der Industrie große Potenziale birgt. Denn so können wir bei genügend verfügbarem Strom aus erneuerbaren Energien große Mengen an Treibhausgasen einsparen.

Abschließend kann man sagen, dass Wasserstoff seine Berechtigung hat, auch im Bereich Mobilität. Man muss ihn allerdings gezielt einsetzen, um einen möglichst großen Effekt zu erhalten. Für den privaten Pkw-Verkehr wird Wasserstoff auch in Zukunft vermutlich wohl nur eine Randgruppe darstellen (Stand heute).

*Synthesegas (Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid) wird in breite Palette an Kohlenwasserstoffen umgewandelt. Darunter Treibstoffe.

Denny

Die Leidenschaft, mit der Kunst der Worte Sachverhalte verständlicher zu machen und Menschen zu begeistern, begleitet mich seit meiner Jugend. Jedoch war es mir erst nach einigen Jahren der Reife vergönnt, meiner Passion auch beruflich zu folgen. So ist es mir nach meiner schulischen und beruflichen Laufbahn möglich gewesen als freier Texter verschiedenste Projekte zu unterstützen. Dabei liegen mir besonders Themen rund um Nachhaltigkeit, freies Geld verdienen und Persönlichkeitsentwicklung am Herzen. Denn ich möchte Menschen und vor allem deren Visionen dabei helfen, sich zu verwirklichen und Gutes in die Welt zu tragen.

(Bildquelle: Adobe Stock Von Ustas)