Kann Erdgas durch Biogas ersetzt werden, was wäre notwendig?

Um Erdgas durch Biogas zu ersetzen, sind Änderungen notwendig. Dass Lebensmittel genutzt werden und damit Ackerfläche gebraucht wird, ist der größte Nachteil.

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Biogas Erdgas ersetzen
Bild von Gerald Krieseler auf Pixabay

Die Gewinnung von Energie aus Mais, aus Gülle oder anderen Bioabfällen führte bis heute hierzulande leider eher ein Schattendasein. Bis jetzt! Denn spätestens seit der Energiekrise wendet sich das Blatt und das Biogas schafft es immer mehr in den Vordergrund. Kein Wunder, denn Deutschland hat sich fest vorgenommen, weniger Gas aus Russland zu importieren. Doch kann das Erdgas gänzlich durch Biogas ersetzt werden und liegt darin wirklich die Lösung des Problems?

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Klar ist, Deutschland sucht aktuell fieberhaft nach einer dauerhaften Alternative zu dem russischen Erdgas. Die Hersteller von Biogas möchten genau diese Lücke füllen, was dazu führte, dass die Bundesregierung den Produktionsdeckel aufheben möchte. Hierbei handelt es sich jedoch definitiv nicht um eine kurzfristige Lösung, denn von heute auf morgen ist es nicht möglich, mehr Biogas zu gewinnen. Zusätzlich gibt es weitere Probleme, die bei dem Ersatz von Erdgas durch Biogas bedacht werden sollten.

Biogas in der Produktion

Mit Hilfe von Bakterien werden verschiedene Küchenabfälle, Gülle, Mais sowie Pflanzenreste vergoren und in Biogas umgewandelt. Dieses gehört, gemeinsam mit Wasser, Wind und Sonne, zu den sogenannten regenerativen Energiequellen. Mittlerweile gibt es in Deutschland alleine ca. 9200 Biogasanlagen, zu welchen immer wieder neue hinzukommen.

Allerdings wird die Menge an Biogas, welches pro Anlage hergestellt bzw. gewonnen wird, immer bestimmt. Das bedeutet, dass durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz eine Gasmenge gedeckelt wurde. Dazu gehört auch der Ausbau von Biogasanlagen, welche natürlich nicht einfach so erbaut oder erweitert werden dürfen. Durch den Krieg in der Ukraine möchte Deutschland jedoch unabhängiger werden, sodass die Deckelung von der Regierung aufgehoben wird.

Mehr Biogas – ist das möglich?

Strom und Wärme sind die Hauptprodukte, die von Biogasanlagen erzeugt werden. Mit dem entstehenden Biogas wird nun ein sogenanntes Blockheizkraftwerk angetrieben, welches von der Funktion an ein Auto erinnert. Durch die Verbrennung von Gas wird der Motor angetrieben und damit der Strom erzeugt. Dabei kann die entstehende Abwärme nun für die Wasseraufbereitung oder das Heizen genutzt werden. Allerdings bisher nur in einem recht geringen Umfang.

Das soll sich allerdings dringend ändern, denn allein Deutschland verbraucht ca. 940 Terawattstunden Gas im Jahr. Allerdings ist die Menge, welche dabei vom Biogas stammt, sehr ernüchternd und liegt gerade einmal bei einem Prozent. Ca. zehn Terawattstunden werden dabei in das Gasnetz eingespeist. Auch bei der Stromerzeugung ist der Anteil nur ein klein wenig höher und liegt bei ca. fünf Prozent. Damit liegt das Biogas hinter der Windkraft und Photovoltaik.

Verweis intern: Das Thema Erdgas und Biogas ist ein Thema, aber Erdgas bleibt derzeit dennoch wichtig, da Deutschland die Abhängigkeit von Importen reduzieren muss, so wird z.B. Erdgas als Flüssiggas (LNG) vermehrt bezogen.

Gut zu wissen: Die Biogasanlagen versorgen in Deutschland ca. neun Millionen Haushalte mit Strom.

Es gibt jedoch Hoffnung, denn Experten sind davon überzeugt, dass bei der Biogaserzeugung noch mehr möglich ist. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Deckelung von der Bundesregierung aufgehoben wird. Das Hauptstadtbüro Bioenergie gibt zum Beispiel an, dass es sogar kurzfristig möglich wäre, 20 Prozent mehr Gas und Strom aus Biogas zu erzeugen. Das natürlich nur dann, wenn man mehr Rohstoffe nutzt oder welche, die einen höheren Energieanteil aufweisen, wozu unter anderem Mais zählt. Der Fachverband Biogas ist ähnlicher Meinung und gibt an, dass immerhin rund fünf Prozent der russischen Gasimporte durch Biogas ersetzt werden könnte, wozu aber mehr Zuschüsse vom Staat erforderlich wären. Sicher sind sich die Experten ebenfalls, was die Zukunft vom Biogas angeht. Auf lange Sicht von fünf bis Zehn Jahren ist es vom aktuellen Stand aus möglich, die Biogasproduktion zu verdoppeln.

Hinweis intern: Ziel ist ja, fossile Brennstoffe, wozu auch Erdgas gehört, weitestgehend herunterzufahren. Aktuelle politische Situationen führen aber dazu, dass wir das Erdgas noch nicht ganz abschreiben können. Wir benötigen große Mengen an Erdgas, damit das funktioniert, müssen wir es verflüssigen um eben große Mengen importieren zu können.

Gegenstimmen nicht vergessen

Natürlich gibt es auch Gegenstimmen, welche bei der ganzen Thematik rund um das Ersetzen vom Erdgas durch Biogas bedacht werden sollten. So sei es laut einigen Stimmen nicht zu rechtfertigen, dass das Biogas in dem aktuellen Maße weiter gefördert wird, was vor allem volkswirtschaftliche Gründe haben soll. So ist das Biogas im Gegensatz zu anderen erneuerbaren Energien, eine sehr teure Variante. Das hat auch den Grund, dass die Lebensmittel, die zur Gewinnung vom Biogas verwendet werden, durch die Inflation wesentlich teurer geworden sind.

Bei Biogas werden natürlich nicht nur Abfälle umgewandelt, sondern auch extra dafür angebaute Pflanzen. Dazu zählen Weizen, Zuckerrüben, Mais und Raps. Drei Viertel davon macht der Mais aus. Das hat den Grund, dass der Methananteil im Mais besonders hoch ist.

Aktuell belegen diese Energiepflanzen ca. 15 Prozent der deutschen Ackerflächen, was insgesamt ca. 1,5 Millionen Hektar ausmacht. Diese werden jedoch eigentlich dringend dazu benötigt, um Lebensmittel sowie Futter für Nutztiere anzubauen. Futtermittel werden daher vor allem aus Brasilien importiert, was wieder hohe Kosten mitbringt, sondern auch nicht besonders umweltfreundlich ist.

Allerdings werden bei der Herstellung von Biogas nicht nur wertvolle Lebensmittel eingesetzt, es gibt noch ein weiteres Problem. Die Biogasanlagen sind nicht an das Gasnetz angeschlossen. In vielen Fällen sei dies nicht mal möglich. Das kann unter Umständen daran liegen, dass das Gasnetz selbst zu weit weg liegt oder aber die Anlagen selbst nicht groß genug sind.

Information: Biogas wird nicht nur im landwirtschaflichen Bereichen eingesetzt. Auch im privaten hält Biogas mittel Mini-Biogasanlagen im Garten Einzug.

Interessant zu wissen – Einspeisen von Gas

Leider können nur 2,5 Prozent der aktuellen Biogasanlagen das Gas auch in das Gasnetz einspeisen. Damit das Biogas eingespeist werden kann, muss es erst zu Biomethan aufbereitet werden. So besteht das Biogas aus unterschiedlichen Stoffen. Allein das Methan macht 50 bis 75 Prozent aus. Der Rest ist dann Co2. Wichtig ist es nun, dass das CO2 entfernt wird. Erst dann ist es möglich, dass das Biogas so viel Methan enthält, wie das Erdgas. So kann es als sognanntes Biomethan in das jeweilige Gasnetz eingespeist werden.

Verweis extern: Hier lest ihr mehr über das Einspeisen von Biogas.

Fazit Güllenutzung für Biogas mehr kaum möglich

Um Erdgas durch Biogas zu ersetzen, sind viele Änderungen notwendig. Die Tatsache, dass hier Lebensmittel genutzt werden und damit Ackerfläche gebraucht wird, ist der größte Nachteil, der somit gegen solch ein Vorhaben spricht. Viele Experten sind der Meinung, dass vor allem die großen Biogasanlagen nur dann Sinn machen, wenn man Gülle nutzt und auf Lebensmittel verzichtet. Nur dann ist es möglich, Methanemissionen einzusparen. Allerdings werden nur ca. 30 Prozent der Gülle zur Energiegewinnung eingesetzt. Dabei gewinnt man aus der Gülle weniger Biogas als zum Beispiel aus Mais.